Wenig Sex, viel Frust? Erste Schritte aus dem Sex-Tief
Die Unzufriedenheit mit wenig Sex in Beziehung ist ein Thema, das in der Sexualtherapie immer wieder auftaucht. Viele Paare fühlen sich unzufrieden, frustriert oder enttäuscht und melden sich in der Sexualtherpie teilweise mit festgefahrernen Situationen. Im ersten Teil dieses Beitrags wurden bereits die möglichen Gründe beleuchtet – hormonelle Veränderungen, Routinen, Stress oder innere Blockaden können dazu führen, dass die Lust aufeinander nachlässt.
In diesem zweiten Teil geht es darum, was ihr unternehmen könnte, um den Frust loszulassen und die Lust anzukurbeln. Denn der Wunsch „sofort wieder besten und regelmässigen Sex zu haben“ ist meist unrealistisch. Was funktionieren kann ist Schritt für Schritt mehr Intimität auf zu bauen.
Auch wenn die Situation verhärtet ist, gibt es Handlungsmöglichkeiten!
Schritt 1: Druck herausnehmen
Es ist völlig normal, dass sich Lust im Laufe einer Beziehung verändern kann. Die Vorstellung, sofort wieder regelmäßig leidenschaftlichen Sex zu haben, setzt enorm unter Druck – und Druck wirkt oft wie ein Lustkiller.
Erste Ansätze können sein:
Akzeptieren, dass Veränderungen Teil der Beziehung sind – und dass das nichts über die Liebe oder Anziehung aussagt.
Sich bewusst machen: Nähe und Intimität können auf vielen Ebenen stattfinden, nicht nur durch Penetration oder „perfekten Sex“.
Kleine Momente geniessen: Oft gibt es nach wie vor lustvolle Momente, die einfach nicht als „genügend“ wahrgenommen werden – zum Beispiel ein inniger Kuss oder ein zärtliches Streicheln. Diese Momente bewusst zu geniessen, kann viel bewirken!
Ziel: Den Druck herausnehmen und die Beziehung auf eine sichere, entspannte Basis zurückführen, auf der Lust und Intimität wieder wachsen können.
Schritt 2: Selbstreflexion
Bevor ihr etwas ändern könnt, lohnt es sich, Klarheit über die eigenen Bedürfnisse zu gewinnen.
Fragen, die helfen können:
Was macht mir Freude? Welche Berührungen, Situationen oder Fantasien gefallen mir?
Welche Wünsche habe ich? Gibt es Dinge, die ich ausprobieren möchte oder mehr in der Beziehung erleben will?
Welche Grenzen habe ich? Was brauche ich, um mich sicher und wohl zu fühlen?
Diese Reflexion kann schriftlich oder einfach in Gedanken erfolgen. Sie nimmt den Druck von der Partnerperson weg und verschiebt den Fokus auf die eigenen Empfindungen und bietet die Grundlage für eine gute Kommunikation.
Schritt 3: Glaubenssätze hinterfragen
Oft haben wir bestimmte Vorstellungen im Kopf, wie Sex „sein sollte“ – zum Beispiel: „Wir müssen jede Woche Sex haben“ oder „Sex muss immer aufregend sein“. Solche Glaubenssätze erzeugen zusätzlichen Druck und blockieren oft die Lust.
Tipps:
Prüfen: Welche Erwartungen stammen wirklich von dir – und welche von außen oder alten Vorstellungen?
Realistisch hinschauen: Manchmal ist weniger Sex völlig okay. Was stört mich wirklich an der Situation – und was glaube ich, müsste mich stören?
Hinterfragen: Welche Vorstellungen sind realistisch und welche sorgen nur für Frust?
Ziel: Bewusster erkennen, welche Regeln du dir selbst setzt – und welche dir eher im Weg stehen.
Schritt 4: Auf einen kleinen nächsten Schritt konzentrieren
Statt sofort das ganze Sexleben auf den Kopf zu stellen, lohnt es sich, kleine Schritte zu gehen. Was für jedes Paar passt, sieht ganz unterschiedlich aus – für manche steht körperliche Nähe im Vordergrund, für andere geht es erst mal darum, aus dem Alltags-Trott herauszukommen.
Frage dich: Was wäre ein erster Schritt in die Richtung, die ich mir wünsche?
Beispiele für kleine Schritte:
Eine Date-Night planen – ohne dass Sex das Ziel ist - z.Bsp. kuscheln, miteinander reden, Spass haben!
Lust entsteht oft durch Aufregung. Erste Schritte können sein: Unausgesprochene Fantasien teilen (ohne dass ihr sie ausleben müsst) oder ein spicy Foto teilen.
Ziel ist, Druck herauszunehmen und stattdessen Freude und Neugierde zwischen euch zu wecken.
Fazit
Unzufriedenheit im Sexleben und festgefahrene Situationen in der Beziehung kennen viele Paare – und es ist völlig normal, dass es Zeit, kleine Schritte und Geduld braucht, um wieder herauszufinden, was für euch funktioniert.
Es ist völlig in Ordnung, wenn Veränderungen nicht sofort passieren – gerade in festgefahrenen Situationen kann es sehr hilfreich sein, sich Unterstützung von aussen zu holen.
In der Sexualtherapie könnt ihr gemeinsam herausfinden, was für euch passt, Druck abbauen, Glaubenssätze hinterfragen und neue Wege entdecken, um Nähe, Lust und Freude wieder aufleben zu lassen. Oft reicht schon ein kleiner Perspektivwechsel oder eine neue Herangehensweise, um die festgefahrene Situation aufzubrechen.

